Endokrine Disruptoren im täglichen Leben – Störfaktoren der Fortpflanzungsgesundheit

Weltweit verbreitete hormonwirksame, körperfremde Stoffe, sogenannte Endokrine Disruptoren, sind als Ursache von Fertilitätsstörungen seit Jahrzehnten in der Fachwelt bekannt. Sie stehen außerdem in Zusammenhang mit der Zunahme von Stoffwechselerkrankungen, Lern- und Verhaltensauffälligkeiten, Fehlbildungen und Erkrankungen des Immunsystem, des Nervensystems, der weiblichen und männlichen Geschlechtsorgane und einer Zunahme von hormonabhängigen Tumoren. Dieser Artikel informiert zu diesen Disruptoren und wie die Aufnahme in unseren Körper vermieden oder zumindest minimiert werden kann.

Rahmeninfo der Autorin zum Artikel:
Aus eigener Betroffenheit beschäftige ich mich schon Jahrzehnte mit giftigen und hormonstörenden Stoffen, den Endokrinen Disruptoren, kurz ED. Nach dem Vortrag zur LACHESIS-Tagung 2013 zu „Kinder – Wunsch und Wirklichkeiten“ ist der vorliegende Artikel 2014 in der gleichnamigen LACHESIS-Zeitschrift Nr. 43 erschienen. Die beschriebenen Fakten sind aktueller denn je und haben an Brisanz, Verbreitung und Betroffenheit in den Jahren enorm zugenommen, weil die ED zu den PBT-Stoffen (persistent, bioakkumulativ, toxisch) und CMR-Stoffen (cancerogen = krebserregend, mutagen = genetisch verändernd, reprotoxisch = fortpflanzungsgiftig) gehören. Sie reichern sich immer weiter an in allen Bereichen des Menschenlebens, des Körpers und der Erde. Sie verursachen u. a. viele Frauenkrankheiten, wie z. B. Endometriose, PCOS und können zu Kinderlosigkeit führen. Daher dient dieser Artikel der Aufklärung und Chance einer jeden Frau zur Vermeidung dieser Disruptoren.

Hier geht es zur Zeitschrift:

Endokrine Disruptoren (ED)

Leben und Leben weitergeben ist in entscheidender Weise von einem gut aufeinander abgestimmten Hormonhaushalt abhängig. Dies betrifft alle Hormonregelkreise, doch besonders empfindlich reagiert das System der Geschlechtshormone. Wenn trotz Kinderwunsch eine Schwangerschaft nach 24 Monaten ungeschützten Geschlechtsverkehrs ausbleibt, wird von gestörter Fertilität, unter bestimmten Bedingungen von Sterilität gesprochen. Laut WHO ist weltweit jedes 7. Paar betroffen.

Paare, die aus dem Gefühl persönlichen Versagens, Schuld oder Scham ihren Kinderwunsch nicht mitteilen, bleiben hier ungehört und unbeachtet. Die Zahl ungewollt Kinderloser hat sich in den letzten 50 Jahren verdoppelt, die Spermienanzahl halbiert. Die WHO reagiert mit Anpassungen der Normwerte für alle Spermienkennzahlen. Mutige politische Schritte bleiben aus. Die Behandlung betroffener Paare fokussiert das Management der Fertilisation. Weltweit verbreitete hormonwirksame, körperfremde Stoffe, sogenannte Endokrine Disruptoren (ED), sind als Ursache von Fertilitätsstörungen seit mehr als 20 Jahren in der Fachwelt bekannt. Betroffenen Menschen gegenüber wird dieser Einflussfaktor kaum erwähnt. ED stehen in Zusammenhang mit der Zunahme von Stoffwechselerkrankungen, Lern- und Verhaltensauffälligkeiten, Fehlbildungen und Erkrankungen des Immunsystem, des Nervensystems, der weiblichen und männlichen Geschlechtsorgane sowie einer Zunahme von hormonabhängigen Tumoren (Hoden-, Prostata- und Brustkrebs).

Endokrine Disruptoren (ED) definieren sich über ihre störende Wirkung vorrangig auf das Geschlechtshormonsystem von Mensch und Tier. Gemäß dem Schlüssel-Schloss-Prinzip passen sie zu vielen verschiedenen Rezeptoren im Körper. Zu den ED gehören einzelne, teils wenige Chemikalien aus vielerlei verschiedenen chemischen Substanzklassen. Verstärkend, hemmend oder indirekt Cofaktoren modulierend, können sie, je nach Stoffklasse, alle Schritte des gesamten Hormonsystems ansprechen. Speziesunabhängig werden dadurch Synthese, Transport, Metabolismus und/oder die Ausscheidung der Hormone beeinflusst. Die daraus folgende Rückkopplung der Hormonregelkreise führt zu teils dauerhaften Veränderungen der individuellen, natürlichen Hormonkonzentrationen im Organismus. Analog physiologischer Hormonwirkung wird beobachtet, dass kleinste ED- Mengen effektive Veränderungen bewirken (low dose impact, LDI). Ihre Wirkfähigkeit liegt stoffabhängig bei 1/1 bis 1/1.000.000 der natürlichen Hormone. Die reproduktionsbegrenzende Wirkung etlicher ED wurde vielfach epidemisch beobachtet, im Tierreich gesehen und in Tierversuchen nachgewiesen.

Viele der endokrin wirksamen Chemikalien sind außerdem langlebig (persistent), giftig (toxisch), krebserregend (kanzerogen). Sie reichern sich weltweit in Wasser, Boden, Luft und fettlösliche im Laufe der Nahrungskette in Tier und Mensch an, d.h. sie sind bioakkumulativ. Daher gehören diese ED zu den CMR- (cancerogen = krebserregend, mutagen = genetisch verändernd, reprotoxisch = fortpflanzungsgiftig) und PBT-Stoffen (persistent, bioakkumulativ, toxisch, siehe oben). Nach diesen Merkmalen werden Chemikalien in der EU-Chemikalienverordnung REACH klassifiziert. Daneben gibt es CMR /PBT-Stoffe ohne endokrine Wirkung. Alle Giftstoffe bewirken einen erhöhten Bedarf an Vitalstoffen wie Vitaminen, Mineralstoffen und Antioxidantien.

Der Mensch ist heute unter „normalen“ Umweltbedingungen einem Cocktail teils hochkomplexer Gemische von ED und anderen kritischen Stoffen ausgesetzt. Von einigen Kombinationen ist bekannt, dass sie in jeweils unbedenklicher Einzelkonzentration im Cocktail eine addierende oder potenzierende endokrine Wirkung zeigen. EU-weite und national gesetzlich vorgeschriebene Grenzwerte gelten jeweils nur für die Einzelstoffe. Eine Cocktailwirkung ist aufgrund der Einflussfaktorenvielfalt der beschriebenen Substanzen auf das komplexe biologische System MENSCH schwer beurteilbar.

Überblick Endokrine Disruptoren:

  • Kunststoffe für Bauteile, Baustoffe, Beschichtungen, Verpackungen, Isolierungen: PVC-Polyvinylchlorid , PS-Polystyrol, PC-Polycarbonat, BPA-Epoxide
  • Hilfsstoffe wie Flammschutzmittel (PCB und PBB), Stabilisatoren und Katalysatoren (ZOV, Schwermetalle, BPA), Weichmacher (Phthalate, PCB, Alkylphenole) und Konservierungsstoffe (Parabene)
  • Beabsichtigt freigesetzte Stoffe zur Schädlingsbekämpfung und zum Pflanzenschutz: Pestizide, Herbizide, ZOV, Tabakrauch, Alkohol
  • Unbeabsichtigt freigesetzte Stoffe wie Dioxine, Furane, PAK, ZOV, Schwermetalle, Tabakrauch

Stören ED immer gleichermaßen?

Störungen im Endokrinen System sind besonders schwerwiegend in frühen Entwicklungs- und allen Reifephasen: fetal, embryonal, neugeboren bis zum ausgereiften Organismus. In früher Fetalzeit kann es zu dauerhaften Fehlentwicklungen insbesondere der Geschlechtsorgane kommen, die später unter anderem die Fortpflanzung begrenzen. Der Einwirkungszeitpunkt ist neben der Dosis von besonderer Bedeutung. Die Störungen von ED kann an Arzneimittelnebenwirkungen auf das Reproduktionssystem und an DES / Diethylstilbestrol beispielhaft nachverfolgt werden. Sechs Millionen Schwangeren wurden in den USA in den 50er und 60er Jahren DES zur Fehlgeburtssenkung und bei Schwangerschaftskomplikationen gegeben. Die Kinder zeigten vielfach erhebliche Fehlbildungen, später Fortpflanzungseinschränkungen und ein erhöhtes Risiko an verschiedenen Krebsarten zu erkranken.

Woher kommen ED? Und wie kommen sie in unseren Körper?

Ein Kontakt mit endokrin wirkenden Substanzen in Gebrauchsgegenständen, Lebensmitteln und Materialien ist im modernen Leben praktisch nicht zu vermeiden! Wir essen und trinken belastete Produkte, nicht nur Kinder spielen damit, wir duschen, cremen und schminken damit unsere Haut, nutzen sie in Parfums und Deos, kommen in engen Hautkontakt damit, berühren sie täglich, ziehen sie an, wohnen darin, kleben, isolieren, streichen, atmen sie drinnen und draußen ein, nehmen sie mit Medikamenten oder bei der Intensivversorgung im Krankenhaus auf. Letzteres betrifft in besonderem Maße auch Frühgeborene. Einige ED werden weltweit schon mehrere Jahrzehnte in Millionentonnenmaßstab produziert und haben sich auch über Produktionsabfälle in allen Umweltbereichen, Mensch und Tier verbreitet. ED sind zu unbemerkten Alltagschemikalien geworden.

ED-Wirkung haben teils nur einzelne Vertreter in den Gruppen der Kunststoffe (Polymere), der organischen Einzelchemikalien, in Pestiziden, Schwermetallen und deren Verbindungen. Bei der Herstellung (Polymerisation) von Kunststoffen werden die Ausgangssubstanzen (Monomere, z. B. Styrol) zu fester Verbindung von langen Ketten oder Netzen (Polymer, z. B. Polystyrol) verknüpft. Stabil verarbeitete Polymere haben keine endokrine Wirksamkeit. Allerdings werden nur selten alle Monomere zu 100 % polymerisiert. Restliche ED-Monomere können entweichen oder werden unter bestimmten Umständen (Wärme, Licht, Fettgehalt, Wasser, Hautfeuchte, Säure, Zeit) wieder aus dem Polymer herausgelöst aus: Dosen-, Tuben-, Rohr- und Fassbeschichtungen, Flaschen, Mikrowellengeschirr. Kontaminierte Lebensmittel werden so zu massiver Quelle von ED.

Pkw-/Lkw-Abgase und deren Materialabriebe führen zu 50 % der Feinstaub-Atemluftbelastung mit Schwermetallen und organischen Verbindungen in Ballungsgebieten. Kraftwerke, Wohnungsheizungen, Industrieabgase, Abfallverbrennung, Tierhaltung sowie biogene Aerosole sind weitere Quellen. Unvollständige Verbrennung durch Industrie- und Hausbrände setzen Polyaromatische Kohlenwasserstoffe (PAK), Dioxine u. a. frei. Ausdünstungen aus alten und neuen Wohnkomponenten, Kfz-Teilen, Textilien, Baustoffen, Farben, Klebern, Dichtungsmaterialien, Möbeln, Spielzeug und besonders billigen Kunststoffartikeln sind Quellen von Innenraumbelastungen. Besonders Kleinkinder weisen hier bedenkliche Werte auf. Über die Haut werden ED und andere Chemikalien in direktem Kontakt verstärkt durch Wärme, Hautfeuchte und -fett aus Kosmetika und Kunststoffverpackung aller Art, Badeschuhen, Schuhen, Funktionstextilien, Griffen am Lenkrad, Werkzeug und Rollstühlen etc. aufgenommen.

In welchen Produkten sind welche ED? Und was ist außerdem wichtig darüber zu wissen?

Phthalate/Weichmacher
Mit Weichmachern in PVC und vielen anderen Kunststoffen kommen wir täglich in Kontakt. In Kunststoffen chemisch nicht gebunden gasen sie leicht aus. Aus Kosmetik und direkten Kontaktflächen gelangen sie in die Haut. Bei mehrstufiger Nahrungsmittelverarbeitung und Lagerung in Weichverpackungsmaterialien gehen sie bevorzugt in fetthaltige Lebensmittel über. Einige besonders kritische Phthalate wie Diethylhexylphthalat/DEHP, Dibutylphthalat/DBP, Benzylbutylphthalat/BBP u. a. wurden in der EU seit 1999 stufenweise insbesondere in Spielzeug für Kinder unter drei Jahren, Kosmetika und Endverbraucherprodukten verboten. Viele andere Phthalate sind weiterhin in Lebensmittelverpackungen, Kinderspielzeug, Reinigungsmitteln, Klebstoffen, vielerlei Kosmetik, Trägersubstanzen für Duftstoffe in Parfums, Deos, in Lacken/Farben, Emulgatoren, in der Textilproduktion und in industriellen Lösemitteln. 80 % fließen in Weich-PVC-Produkte mit bis zu 40% Produktanteil. In Sport- und Freizeitartikeln, Funktionskleidung, Haushaltshandschuhen, Grip-Stiften (gummierte Kugelschreiber, Blei- und Buntstifte), Schuhsohlen, Baustoffen, Teppichböden, Strukturtapeten, Dichtungsmassen, Kabelummantelungen, Elektronikprodukten, Wohnungsmobiliar, KFZ-Bauteilen, Recyclingpapier und Gebrauchsgegenständen tragen sie auch zu kritischer Innenraum- und Staubbelastung bei. In vielen Medizinprodukten (Blut-, Infusions- und Dialysebeutel, Katheter, PVC-Schlauchsysteme, Handschuhe, Kontaktlinsen u. a.) ist weiterhin DEHP erlaubt. In Deutschland sind derzeit Kapselhüllen mit DBP in 64 magensaftresistenten Präparaten zugelassen. Viele davon werden für chronisch Kranke sowie in der empfindsamen Entwicklungsphase Schwangerschaft und Stillzeit empfohlen. Die tolerierbare tägliche Aufnahmemenge (TDI) wird dadurch bei Schwangeren, Neu- und Frühgeborenen, Kleinkindern und chronisch Kranken häufig überschritten. Kleinkinder überschreiten Unbedenklichkeitswerte um das vierfache durch Speichelkontakt mit Kunststoffspielzeug und Staubkontakt mit Ausdünstungsbelastungen. Billiges Spielzeug ist besonders kritisch, doch auch hochwertige Materialien sind nicht immer unbedenklich. Die Belastung nimmt mit zunehmendem Kindesalter ab. Der Weichmachereintrag durch industrielle Lebensmittelverarbeitung und Verpackung belastet ernährungsbedingt erhebliche Teile der Bevölkerung. Phthalate sind semipersistent, d. h. sie werden in wenigen Tagen vom Körper ausgeschieden und täglich wieder neu aufgenommen. Die endokrin störende Wirkung bleibt davon unberührt. Die Festsetzung eines Summengrenzwertes wird diskutiert.

Parabene, E214, E215, E218, E219
Diese vier Parabene sind als antimikrobielle Konservierungsstoffe in Lebensmitteln und Kosmetika in unterschiedlichen Mengen zugelassen. Die Stärke der hormonellen Wirkung nimmt mit der Größe (Kettenlänge) sowie mit der Verzweigung zu: Methylparaben < Ethylparaben < Propylparaben < Butylparaben. Daher ist die Zulassung einiger größerer Parabene in den vergangenen Jahren zurückgezogen worden. Durch Kombination unterschiedlicher Parabene werden synergistische antimikrobielle Wirkungen erzielt. In Fertiggerichten, Saucen, Fleisch- und Wurstwaren, Süßigkeiten, Getränken, Knabbererzeugnissen, Marinaden kommen sie als E214, E215, E218, E219 vor. In Kosmetika wie Cremes, Lotionen, Make-up, Shampoo, Deo, Sonnenschutzlotionen dürfen Methyl- und Ethylparaben bis maximal 0,4 % und Butyl- und Propylparaben bis maximal 0,19 % eingesetzt werden. Haushaltsprodukte, Spielzeuge und Injektionslösungen (Medikamente) können ebenfalls Parabene enthalten. Zur Beurteilung von Abbau und Ausscheidung liegen nur unzureichende Daten vor.

Chlor- und bromhaltige organische Verbindungen
Zu dieser Verbindungsgruppe gehören Dioxine und Furane sowie die mittlerweile weltweit verbotenen Polychlorierten Biphenyle (PCB), DDT, Atrazin, Lindan u. v. a. Pestizide. Für Polybromierte Biphenyle (PBB) gilt eine Beschränkung auf 0,1 %. PCBs wurden bis 1983 in Deutschland in Transformatoren, als Weichmacher und Flammschutz in Farben, Lacken, Klebern, PVC und Dichtungsmassen eingesetzt. PBBs werden als Flammschutzmittel in TV, Computern, Möbeln, Teppichen, Farben und Lacken verwendet. Für Elektrogeräte sind weiterhin bis zu 0,1 % erlaubt. PCB und PBB tragen weltweit zu kritischer Innenraumbelastung bei. Dioxine, Furane und PAK entstehen bei unvollständiger Verbrennung chlorhaltiger Materialien und Geräte, bei Abfallverbrennung, Haus- und Industriebränden und als Nebenprodukte industrieller Produktion von Pestiziden. Durch ihre Langlebigkeit gelangen sie in Oberflächengewässer, Boden, Pflanzen und über ihre Anreicherung in tierischen Fetten in die Nahrungskette.

Polyaromatische Kohlenwasserstoffe
Polyaromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) bilden einen markanten Anteil der Feinstaubbelastung in Ballungsgebieten und industriellen Produktionen mit mangelnder Umweltvorsorge. Sie entstehen bei jeder Verbrennung von organischem Material: Holz, Öl, Diesel, Tabak, Fleisch, tropfendem Fett oder Fisch z. B. beim Grillen. Geräucherte und angerußte Lebensmittel, sowie Tabakrauch (aktiv und passiv) sind potentiell krebserregend und endokrin störend. PAK sind Begleiter in der Dioxinbildung (siehe oben). Teer im Straßenbau und Weichmacheröle für schwarze und andere Kunststoffe kommen als PAK-Gemische aus Erdöl. Belastet sind besonders schwarze Artikel z. B. Reifen, Fahrrad- und Werkzeuggriffe, Badeschlappen, Kopfhörer, Mousepads, Lenkerbezüge, Elektroummantelungen und auch Spielzeuge. Produkte mit GS-Zeichen sind schadstoffgeprüft und müssen Grenzwerte einhalten. PAK werden erst durch den Umbau in der Leber zum Gift.

Bisphenol-A
Als Basis für Kunststoffe wird Bisphenol-A (BPA) zu Polycarbonat (PC 65 %) und Epoxidharze (30 %) polymerisiert. 5 % fallen auf den puren Einsatz (als Monomer) in Thermopapieren (Kassenbons / Kontoauszüge / Tickets), Geldscheinen, Zahnversiegelungen, zum Flammschutz sowie zur PVC- und Pestizidherstellung. Pur und ungebunden gelangt BPA leicht in die Atemluft und Haut. Epoxidharz dient zur Innenbeschichtungen von Konservendosen, Wein- und anderen Fässern, Alu-Tuben für pastöse Lebensmittel wie Mayonnaise, Senf, Tomatenmark, für Kosmetik, Arzneicremes und Salben. Aus Polycarbonat (Recyclingcode 07) bestehen Wasserflaschen, Mikrowellenbehälter, durchsichtige Rohre in der Lebensmittelproduktion, harte Kontaktlinsen, CDs, Füllstandsanzeigen von Wasserkochern, Kaffeemaschinen und andere Bauteile. Wasser, Säure und Fett im Produkt lösen BPA aus der Beschichtung ins Lebensmittel. Dieser Vorgang wird durch Wärme noch beschleunigt. Mehrere Studien belegen BPA-Gehalte in Urinproben bei über 90 % der Bevölkerung weltweit. Kassierer*innen weisen eine besonders erhöhte BPA-Belastung auf. Die Plazentagängigkeit von BPA wurde vielfach in Nabelschnurblut, fetalem Serum und Fruchtwasser nachgewiesen. Funde in Muttermilch, sowie im Endometrium (Gebärmutterschleimhaut) von Frauen mit gutartigen Geschwülsten bis Krebsgewebe zeigen die Verteilung in besonders sensiblem Gewebe. BPA ist semipersistent, d. h. es wird relativ schnell vom Körper ausgeschieden und täglich wieder neu aufgenommen. Die endokrine Wirkung besteht fortwährend. Störende Effekte werden bei sehr kleinen Mengen nachgewiesen.

Alkylphenole / Nonylphenol
Alkylphenole / Nonylphenol wurden neben BPA in den frühen 90er Jahren als erste ED benannt. Als oberflächenaktive Chemikalien werden Alkylphenole bei der Textil-, Leder-, Woll-, Pestizid- und Metallverarbeitung genutzt. EU-weit gilt eine Beschränkung auf 0,1% für Kosmetika, Hygieneartikel und nichtionische Tenside in Reiniger. Sie sind weiterhin erlaubt in Verpackungskunststoffen für Lebensmittel, Spielzeuge und Bodenbeläge.

Tabakrauch und Alkohol
Beide Toxine bewirken Fehlbildungen, die zu verringerter Fortpflanzungsfähigkeit führen können. Alkohol hemmt den Abbau von Endokrinen Disruptoren, CMR-Stoffen (cancerogen = krebserregend, mutagen = genetisch verändernd, reprotoxisch = fortpflanzungsgiftig) und PBT-Stoffen (persistent, bioakkumulativ, toxisch), von denen weiter oben bereits die Rede war.

Schwermetalle: Quecksilber, Cadmium, Blei
Die Verdrängung von z. B. Zink, Eisen, Mangan und Kupfer durch Schwermetalle hemmt viele Enzyme im Körper und blockiert damit unter anderem die zellinterne Sauerstoffversorgung. Schwermetalle wirken proteindenaturierend, reichern sich spezifisch im Körper an und werden durch Stress, Übersäuerung und Fieber aus den Depots ins Blut mobilisiert. Schwermetalle kommen in industrieller Produktion und Elektrogeräten vor. Quecksilber wird zur Goldgewinnung, in Energiesparlampen und weiterhin als Amalgam verwendet. Der Mensch verfügt über keine effektiven Schwermetallausscheidemechanismen.

Zinnorganische Verbindungen
Insbesondere Tributylzinn/TBT wird als hochwirksamer ED eingestuft. Alle Zinnorganischen Verbindungen (ZOV) sind bioakkumulativ. ZOV werden in vielen industriellen Herstellungsprozessen verwendet: als Stabilisatoren und Katalysatoren in der PVC-Produktion, als Desinfektions-, Holz- und Pflanzenschutzmittel. Einige sind als Stabilisatoren für Kunststoffe mit Lebensmittelkontakt eingeschränkt zugelassen. Sie wurden in Babywindeln, Spielzeug, Silikonbackformen, Lebensmitteln, Backpapier, Sportkleidung, Schuhen, PVC-Fußböden und Kindergummistiefeln nachgewiesen. TBT-haltige Schiffsrumpfanstriche sind mittlerweile verboten, einige Pflanzenschutzmittel nur eingeschränkt erlaubt.

Was ist zu tun?

Chemikalien können die Gesundheit extrem beeinträchtigen und können Leben verhindern. Die Allgegenwärtigkeit von kritischen Chemikalien und die komplexen Zusammenhänge lassen befürchten, dass wir uns diesen kaum entziehen können. Wir können tatsächlich nicht alles vermeiden. Aber mit dem Wissen um Vorkommen und Wirkung der Chemikalien haben wir die Wahl kritische Produkte weitgehend zu reduzieren. Nummerierte Recyclingcodes helfen die kritischen Kunststoffe zu finden: 03 PVC (Polyvinylchlorid – hoher Weichmacheranteil in Endprodukten, verbrennt zu Dioxin + PAK), 06 PS (Polystyrol: 5 % Recycling, 95 % Verbrennung PAK) und 07 (andere Kunststoffe, kritisch: Mischrecycling und Bisphenol-A-Produkte). Unbedenklich sind: 02 HDPE (Polyethylen hoher Dichte), 04 LDPE (Polyethylen niedriger Dichte) und 05 PP (Polypropylen) und sind unbedenklich, 01 PET (Polyethylenterephtalat) gering bedenklich und in der Regel deklariert. Doch bisher sind weder Verpackungsmaterialien für Lebensmittel, noch technische Hilfsstoffe in Lebensmitteln vollständig deklarationspflichtig. Sehr gute persönliche Handlungshinweise zur Vorsorge gibt die AKF-Broschüre „Die verkannte Gefahr“.1 Kritisches Nachfragen im Handel, der Industrie, dem Umweltbundesamt, dem Bundesinstitut für Risikobewertung BfR, u.a. stärken die persönlichen Entscheidungsgrundlagen, die Eigenmacht und zeigen politische und wirtschaftliche Veränderungsnotwendigkeiten auf.

Jede Person und Krankheitsgeschichte ist absolut individuell und bedarf einer fachspezifischen Begleitung und Behandlung. Daher werden hier allgemeine Eckpunkte von Endokrinen Disruptoren beschrieben. Die Naturheilkunde bietet viele wunderbare Mittel und Therapierichtungen für die individuelle Ausgestaltung.

Nachtrag:
Am 17. Januar 2014 senkte die EFSA (EU-Behörde für Lebensmittelüberwachung) den Grenzwert für Bisphenol-A von 50 auf 5yg/kg KG/Tag.

Quellen:
Die Literaturstellen können gerne bei der Verfasserin erfragt werden.

Else Schnakenberg
Heilpraktikerin | Website der Autorin

Heilpraktikerin, CTA-Umwelttechnik, Klassische Naturheilverfahren, Umwelt und Gesundheit

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