Die Evolution der Gewalt – eine Rezension von Sigrid Schellhaas, Vorständin beim Verein Lachesis e. V.

In dem Buch „Die Evolution der Gewalt: Warum wir Frieden wollen, aber Krieg führen. Eine Menschheitsgeschichte“ von Harald Meller, Archäologe, Kai Michel, Historiker, und Carel van Schaik, Verhaltensforscher und Evolutionsbiologe wird der These nachgegangen, dass individuelle Gewalt Teil des Lebens ist, kollektive Gewalt aber gelernt und trainiert werden muss. Eine Rezension von Sigrid Schellhaas.

Jedes Jahr stehen die Ostermärsche im Frühjahr an. Ich gehöre zu den Menschen auf dieser Erde, die in ihrem eigenen Leben noch nie der Gewalt des Krieges ausgesetzt waren. Aber ich kann den Krieg spüren, in den Prägungen meiner Eltern und Großeltern, in meiner Erziehung, in der Suche nach der Wahrheit, in der Suche nach dem Leben, in den Geschichten der Menschen, denen ich begegnen durfte, die dem Krieg entflohen sind, in den Traumen, die wir jetzt erkennen können, und die uns herausfordern.

Ein Buch, das mich deswegen sehr berührt hat, ist von Harald Meller, Archäologe, Kai Michel, Historiker, und Carel van Schaik, Verhaltensforscher und Evolutionsbiologe mit dem Titel „Die Evolution der Gewalt: Warum wir Frieden wollen, aber Krieg führen. Eine Menschheitsgeschichte“ erschienen im Dtv.

Feministische Geschichtsschreibung sucht nach der Stärke und der Bedeutung von Frauen, findet Göttinnen-Figuren und matriarchal organisierte Gesellschaften bis in die heutige Zeit. Sie geht von intelligenten, kooperativen, lebensachtenden Gesellschaftsstrukturen aus. Hass, Unterdrückung, Vernichtung, Polarisierung sind Teil von patriarchalen Herrschaftssystemen. Stimmt das so?

Zwei Millionen Jahre Menschheitsgeschichte stehen zirka 6000 Jahren kollektiver Kriegsführung gegenüber. Von der Bibel bis heute ließen sich Menschen von ihrer alles andere als friedlichen Gegenwart blenden und malten sich die dazu passende kriegerische Vorgeschichte aus. Das scheint leichter akzeptabel als die Erkenntnis, dass die Gewalt der Gegenwart eben gerade nicht normal ist und auch nicht in unserer Natur liegt.

Die These in diesem Buch ist, dass individuelle Gewalt teil des Lebens ist, aber kollektive Gewalt gelernt und trainiert werden muss. Dazu gehört die Zerstörung der Empathie, die Dämonisierung des Gegners, das Heroische im Kampf, die Wertschätzung von Macht als Schutz, die Unterdrückung der Frau und der ständige Glaube, auf der Seite des Guten, des Rechts zu stehen.

Wir können und wir müssen Frieden lernen. Das Leben, das auf diesem Planeten eine Chance hat ist kooperativ, flexibel, gemeinschaftlich, kreativ und voller Respekt gegenüber dem DaSein. Wir haben genau das in den letzten Jahren angefangen zu lernen und weiterzuentwickeln. Das ist unsere Chance.

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