Allmacht gegen die Ohnmacht: Ich wünsche mir….
Wir stehen an vielen Wendepunkten in unserer Gesellschaft, Wirtschaft und Heilkunde. Entkörperlichte Denksysteme bestimmen Wirtschaft, Technik und Medizin. Neue Technologien wie die mRNA-Impfung verändern die Märkte. Die Homöopathie wird, gerade in Deutschland, als esoterisch abgetan. Was bedeutet dies für homöopathische Heilpraktiker*innen und Patient*innen?
„Der Geist soll über den Körper herrschen“, sagt Aristoteles. Vorherrschend wurde ein Menschheitsideal, das frei ist von körperlichen Beschwernissen und Begrenzungen. Auch Philosophen wie Descartes oder Hegel definierten später Menschsein über das Bewusstsein und die Vernunft: „Ich denke, also bin ich“, sagt Descartes. Bei Hegel heißt es, das geistige Bewusstsein stehe über der Dimension der körperlichen Erfahrung. Auch das Christentum verbannt Körperprozesse: „Maria gebiert ohne Blut und Schmerz.“1
Den Geist über den Körper, Kontrolle statt Symbiose. Verloren ging der Kontakt zum Leben, das sich immer neu finden muss, das sich regulieren will und seine eigenen Wege hat. Wir könnten es wahrnehmen, es lieben und mit dem sich verändernden Leben grooven, jeden Prozess als eine neue Herausforderung annehmen. Neueste Forschung zeigen uns, die Wesen auf dieser Erde, die sich symbiotisch einklinken, die achtsam mit ihrer Umgebung umgehen, die das Werden und Sein akzeptieren und Intelligenz in der Regulation zeigen, sind die, die auf dieser Welt Jahrmillionen überlebt haben, zum Beispiel Flechten, Mikroorganismen, Pilze, Moose etc. Nicht die Intelligenz großer Gehirne ist gefragt, sondern Empathie, Flexibilität, Neugierde, Vernetzung, Selbstreflexion und die Bereitschaft zur Veränderung.
Denkrichtungen und ihre Folgen
Mir geht es um die verschiedenen Denkrichtungen, die im Moment existieren, die unsere Arbeit streifen, unser Leben mitbestimmen und für uns wichtig sind, auch weil sie das, was wir tun, in Frage stellen oder uns herausfordern. Uns allen ist bewusst, dass unser DaSein auf dieser Erde mal wieder von großen Veränderungen sowohl in der Natur als auch in gesellschaftlichen Systemen beeinflusst wird. Auf diese Themen will ich hier nicht eingehen. Welche Philosophien, Denksysteme und Ethiken die bestehenden und kommenden Reaktionen, Veränderungen, politischen Steuerungen bestimmen und wie wir uns darin bewegen, das sind die Fragen, die mich heute intensiv beschäftigen.
Die meiner Meinung nach grundsätzlichste Frage ist, welche omnipotenten und machterhaltenden Ideen allen Entwicklungen zu Grunde liegen. Und damit meine ich auch Richtungen in der Informationsmedizin, in der spirituellen Welt, in der Philosophie. Denkrichtungen, wie zum Beispiel die der Transhumanisten, die davon ausgehen, die Höherentwicklung des Menschen, das Wachstum des Geistes und des Seins mit Hilfe von Technik steuern zu können, haben einen zutiefst manipulativen Charakter.
Die Vorstellung, wir müssten uns aufgrund unserer Intelligenz weiterentwickeln zu „besonderen Wesen“ bedeutet für mich eine Fortsetzung der entkörperlichten und raumergreifenden, patriarchal einnehmenden Machtpolitik der letzten 2000 Jahre. Technik und Mensch verbinden sich miteinander, zum Beispiel durch Implantate. Das hört sich an wie eine ferne Theorie, faktisch aber läuft es schon längst, zum Beispiel Pads im Finger, mit welchen Türen zu öffnen sind, Nervenüberbrückung bei Querschnittslähmung, neue Technologien, die Informationswege kanalisieren, technologische Medizin und Datentransfer, wie zum Beispiel die elektronische Gesundheitskarte oder Armbänder, die ständig Schlaf und Puls überwachen.
Die Faszination des Machbaren
Atomkraftwerke, der Mann auf dem Mond, eine Medizin, die Herzen transplantiert, Empfängnisregulation durch Medikamente, riesige Staudämme, die den Wohlstand in die entlegenste Gegend bringen, verknüpft mit der Ansiedlung von Industrie und Arbeitsplätzen, ohne dass die Bevölkerung vor Ort dieses benötigte. All das ist meine Sozialisation, geprägt aus einer nationalistischen und kolonialistischen Gesellschaft, in der das Individuum der Gemeinschaft untergeordnet ist. Handlung wird nicht bestimmt aus dem intuitiven Wissen und der Achtung vor dem eigenen und dem Leben des anderen, sondern aus scheinbar erdachter und angenommener Überlegenheit und Notwendigkeit. Hilft das Gefühl „Alles ist machbar“ vor der Ohnmacht?
Trennung zur Herrschaftssicherung
Die Trennung des Individuums vom Vertrauen ins Leben durch Drohung, Schuld, schwarzer Pädagogik und der Angst vor dem Tod diente in Gesellschaft und Religion einst als Konzept zur Herrschaftssicherung, heute manipuliert es das zu erziehende Wesen der eigenen Gemeinschaft.
Vergleichbar ist dies mit heutigen Geburtserlebnissen, die durch traumatische Geburtserfahrungen eine frühe Trennung erwirken und in der Folge Wesen prägen, die nicht auf dieser Erde ankommen, nicht in die Sicherheit des Seins kommen. Wir sind abgetrennt von alten matriarchalen Ideen, abgetrennt vom Vertrauen in unsere Körper, abgetrennt vom Zellbewusstsein und wahrnehmbaren Heilungsprozessen.
Ich wünsche mir …
Es ist mein Bedürfnis, dass meine Kolleg*innen dem, was wir uns als Ethikgrundlinien des Berufsverbandes LACHESIS erarbeitet haben, vertrauen. Dass wir diese pflegen, weil wir sie gemeinsam diskutiert haben und der Inhalt aus unserer persönlichen Erfahrung heraus geprägt ist. Gleichzeitig geht es darum, die Augen und Ohren offenzuhalten für das, was sich im Draußen entwickelt, zu verstehen, was dort passiert und zu wissen, an welchen Punkten wir klar in Opposition gehen müssen, etwa, wenn in der Medizin Zwang ausgeübt wird.
Wir sollten uns auch nicht scheuen, uns immer wieder zu reflektieren. Wir dürfen Fehler machen, und das tun wir. Die defensive Haltung, die große Teile der Naturheilkunde gegenüber diesem Rechtfertigungszwang eingenommen haben, ist Unsinn. Wir beschreiben uns, zum Beispiel in der TCM, als komplementär. Zu was denn komplementär? Müssen wir uns ins Verhältnis zur evidenzbasierten Medizin setzen? Die heutige Schulmedizin ist evidenzbasiert. Die EBM (evidenzbasierte Medizin) hat klare Grundlagen. Sie ist wissenschaftlich und beruht auf Statistiken. Ihr Blickwinkel wird immer kleiner, gleichzeitig ist sie verbunden mit einer kontinuierlich „intelligenter werdenden“ Technik, zum Beispiel in der Zellbiologie.
Als Homöopath*innen können wir die Zelle nicht im Mikroskop ansehen, wir müssen die Zelle im System wahrnehmen. Das ist ein Unterschied. Und dennoch hat beides seinen Sinn. Die neue Technologie ist in der Diagnostik fantastisch, weil sie uns etwas zeigt, was wir sonst nur erahnen könnten. Aber diese Medizin geht so ins Detail, dass sie das Ganze nicht mehr wahrnimmt. Das zeigt zum Beispiel die Diskussion zur Befindlichkeit als Fragestellung in der Evidenz, dies bedeutet, dass in die Studien langsam die Befindlichkeit des Patienten einfließt als Parameter.
Symbiose oder Steuerung?
Die mRNA-Impfungen versuchen zu manipulieren. Impfungen hatten die Aufgabe, dem Immunsystem die Struktur eines Virus oder eines Bakteriums zu zeigen, damit es lernen und schnell reagieren kann. Die mRNA-Impfung manipuliert die Zelle und täuscht etwas vor, um eine Reaktion zu erhalten.3 Mit diesem gentechnischen Eingriff wird versucht, die Kontrolle über das Pandemiegeschehen zu behalten.
Das wichtigste Recht, das in den letzten Jahrzehnten im Bereich der gesundheitlichen Versorgung der Bevölkerung durchgesetzt werden konnte, ist das Patient*innenrecht, die Selbstbestimmung, der Informationsauftrag der Medizin gegenüber den Patient*innen und die Möglichkeit einer informierten Entscheidung. Dafür müssen die Patient*innen wissen, auf was sie sich einlassen und gleichzeitig jede Freiheit haben, sich für das Denksystem zu entscheiden, in welchem sie für ihr eigenes Leben einen Vorteil sehen.
Leitlinien in der Medizin entstehen in langen Prozessen und auf der Grundlage von Studien, teilweise weltweit. Ich bin froh, dass es diese Studien gibt. Sie sind eine Kontrolle therapeutischer Verfahren, die Teil des kapitalistischen Systems geworden sind. Leitlinien schränken die Handlung des Mediziners auch ein und verhindern eigene therapeutische Entscheidungen aus der Wahrnehmung der Patient*innen. Veränderungen derselben benötigen langwierige Prozesse. Divergenzen in der Diskussion um die Integration der Befindlichkeit des Patienten in die Studien zeugen von der Ausrichtung medizinischer Erfolge (zum Beispiel vier Monate längeres Leben) versus Lebensqualität (keine Chemotherapie im palliativen Stadium).
Die Leitlinien in den ganzheitlichen Medizinkonzepten
Homöopath*innen, TCMler*innen, Antroposoph*innen, Ayurved*innen haben Leitlinien, die über hunderte oder tausende von Jahren entstanden und die Grundlage unserer Arbeit sind. Natürlich gibt es auch in diesen alten Medizinkonzepten Neuerungen, aber sie stellen das alte Wissen nicht in Frage, sondern erweitern es nur. Wir brauchen uns auch nicht scheuen vor einer Diskussion mit Skeptikern, die der Heilkunde, die wir vertreten, die Wirkung absprechen. Denn wenn die Skeptiker gegen uns zu Felde ziehen, haben wir anscheinend eine Bedeutung, die wir selbst noch nicht verstehen. Wir machen als Heilpraktiker*innen 35% des Gesundheitssystems aus. In den letzten 30 Jahren hat dieser Beruf sowohl in der Ausbildung als auch an Patient*innen viel Zulauf erfahren. Selbst die Zahl der in Deutschland tätigen Heilpraktiker*innen schwankt in den bekannten Erhebungen deutlich: Angeblich soll das Statische Bundesamt aus verschiedenen Befragungen errechnet haben, dass es 2019 etwa 46.000 Heilpraktiker*innen gegeben haben soll. Diese Zahl entspricht in etwa der Angabe des Bundesministeriums für Gesundheit, wonach es im Jahr 2014 etwa 43.000 Beschäftigte in den Berufen der Heilkunde und der Homöopathie gegeben haben soll.2
Wer es nötig hat, andere zu bekämpfen, hat Angst vor ihnen
Wir haben nicht den Auftrag, andere Menschen zu erziehen. Unser Fokus sollte in der Begleitung auf Augenhöhe liegen. Jeder medizinische Vorschlag, der den Menschen ihr Recht auf Selbstbestimmung nimmt, ist manipulativ. Wenn wir jetzt bestenfalls voraussetzen würden, alternativlose Therapiekonzepte – wozu eine Impfpflicht genauso gehören kann, wie die Ausschaltung der Homöopathie als regelbasiertes Medizinangebot – würden dazu dienen, Menschen zu schützen vor schwerer Krankheit oder dem Tod, würde dies auf das Denken basieren, Menschen seien nicht in der Lage, selbst zu entscheiden, was für sie richtig oder falsch ist.
Nochmal: Ich wünsche mir …
Ich wünsche mir, dass meine Kolleg*innen ihrer Arbeit vertrauen. Homöopathie ist Homöopathie, und daran wird sich nichts ändern, außer dass neue Mittel ins Feld kommen. Die Homöopathie ist sowohl ein Ergebnis der Unzufriedenheit mit der Medizin der damaligen Zeit, als auch der eines Mannes, Samuel Hahnemann, der die Fähigkeit hatte, Wissen aus unterschiedlichen Kulturen zusammenzutragen. Er hatte das Charisma, die Neugierde bei anderen zu wecken, Wissen weiterzuentwickeln und zu transportieren. Wir hatten in der Pandemie Leitlinien bei den Homöopath*innen, TCMler*innen, in der Ayurvedischen und Anthroposophischen Medizin. Wir hatten und haben ein großes, internationales Feld von therapeutischen Erfahrungen, die wir alle nutzen konnten und können.
Und wir?
Ich wünsche mir, dass wir unsere eigene Arbeit auf Omnipotenz und Machtinteressen hin überprüfen, dass wir die Augen und Ohren offenhalten, dass wir nicht das Gefühl haben, in die Ecke gedrängt zu werden, sondern zu dem stehen, was wir tun. Dass wir verstehen, mit welchen Denksystemen wir konfrontiert sind, und wir wissen, was wir dem entgegensetzen können, ohne es zu bekämpfen. Was wir brauchen, ist Offenheit, Neugierde, keine neuen Dogmen in Form von zum Beispiel korrekter Sprache oder korrekter Sichtweise. Gerade die Diskussionen um die neue mRNA-Technologie zeigt die Notwenigkeit eines intensiven Austausches eigener und anderer Erfahrungen.
Der patriarchale Blick auf den weiblichen Zyklus und das „Frau-Sein“ ist die Verleugnung der endlich sich durchsetzenden Gendermedizin. Den Frauenkörper in die Anonymität zurückzuführen heißt, unsere schwer erarbeitete Eigenmacht aufzugeben und zu steuerbaren Nichtwesen zu werden. Und es trennt uns von Bewegungen in Teilen dieser Welt, wo Frauenunterdrückung immer noch die Macht des Mannes über Schwangerschaft und Geburt bedeutet. Wir haben ein Handwerkszeug gelernt und an unseren eigenen Körpern erfahren. Es hilft uns, Heilungsprozesse zu spüren und zu verstehen. Dazu gehört ein erwachendes Bewusstsein in Hinblick auf Grenzverletzungen, Ausbeutung, Herrschaftsideologien, Erschöpfung. Wir sind mit unserer Arbeit eine große Ressource für diese Gesellschaft.
Ein frauenorientiertes, naturheilkundliches Gesundheitssystem bedeutet: Förderung der Wahrnehmung des eigenen Körpers, Beachtung der Individualität, Integration der Gendermedizin, Achtsamkeit gegenüber den eignen und der Grenzen anderer, Selbstbestimmung über den eigenen Körper, stützen statt manipulieren, vernetzen statt abgrenzen, gemeinsames Lernen und Reflektieren der Gegenwart im Bewusstsein der Menschheitsfamilie. Damit sind wir eine Alternative.
Hinweis:
Dieser Artikel erschien in der Fachzeitschrift LACHESIS Nr. 52 „Polarisierung überwinden – Brücken bauen“.
Die Zeitschrift kann beim Berufsverband für Heilpraktikerinnen LACHESIS bestellt werden:
Literatur:
1 Vgl. Schutzbach, Franziska: Die Erschöpfung der Frau. Droemer Verlag, München 2021, S.143
2 Heilpraktiker in Deutschland – Rechtsgrundlagen und aktuelle Diskussion. Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste. www.bundestag.de, 24.7.2020; S.10
Anmerkungen der Redaktion:
3 Ein mRNA-Impfstoff ist ein Impfstoff, dessen Wirkmechanismus auf Ribonukleinsäure beruht. mRNA-Impfstoffe gehören zu den genetischen Impfstoffen. In den Eiweißfabriken werden durch die gentechnisch veränderte Blaupause des Zell-Bauplans die gewünschten Antikörper hergestellt. Durch die Verpackung der mRNA in Lipid-Nanoartikel wird die Aufnahme in die Zellen der geimpften Person möglich. Eine Risiko-Abschätzung, was Lipid-Nanoartikel im Zellstoffwechsel langfristig auslösen können, besteht derzeit nicht. Eine Erklärung zum Wirkmechanismus der mRNA-Impfstoffe findet sich auf der Webseite des Schweizer Bundesamtes für Gesundheit: https://bag-coronavirus.ch/impfung/wie-funktioniert-die-impfung/#contents2, Zugriff am 29.10.2022